Zwei Tage im Juli by Stig Dalager

Zwei Tage im Juli by Stig Dalager

Autor:Stig Dalager
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-03-05T23:00:00+00:00


Nein, er ist müde und möchte gern schlafen, warum jetzt an all das denken? Er starrt mutlos zum Bett hin, die hervortretenden Augen sind wieder matt und die Haut grau, kein einziger Lebensfunken findet sich in seinem leicht geschwollenen Gesicht, das aus Stein gemeißelt zu sein scheint. Könnte er schlafen, könnte er doch verschwinden. Aber bald glühen die Augen wieder auf diese besondere halluzinierende Weise, die sich nur den nächtlichen Tabletten zuschreiben läßt, und die Gedanken wirbeln aufs neue voran, kreisen weiter und finden ihren eigenen Weg.

Er hatte nicht gezögert, er hatte das Schwert gefunden und es gebraucht; er war kein Schwächling gewesen, als er mit einem SS-Kommando, seine Hundepeitsche in der Hand, in dunkelbrauner Lederjacke und schwarzen Stiefeln, an diesem Morgen des Jahres 1934 in dem Hotel in Bad Wiessee Röhm und die SA-Führer aus dem Bett jagte.

- Heil, mein Führer? hatte Röhm gesagt und einem verschlafenen Kind ähnlich gesehen, wie er da in den Federn lag. - Du bist verhaftet! hatte er gebrüllt und nicht die unterwürfige Verteidigungsrede dieses eigenwilligen und homosexuellen alten Kameraden abgewartet. Sein Ansehen im Heer erforderte es, daß er Röhm und seine Bande aus dem Wege räumte, und wie sollte ein Mann wie Röhm mit seinem begrenzten Horizont diese Staatsraison durch schauen? Hatte er nicht mit Hilfe Görings und Himmlers in Berlin in entscheidender Stunde blitzartig gehandelt? Hatte er obendrein Röhm nicht aus alter Verbundenheit angeboten, er könne sich selbst das Leben nehmen, ehe er mit großer Entschlossenheit seinen Schießbefehl gab? Natürlich hatten Göring und Himmler zu diesem Anlaß eine Anklage fabriziert, die auf die drohende Gefahr eines SA-Staatsstreichs hinauslief; ungefähr zweihundert waren hin gerichtet worden, unter anderen der frühere Kanzler von Schleicher und Gregor Strasser, mit dem er die Kampfjahre in München geteilt hatte. Natürlich war er einige Tage lang nervös gewesen; wer konnte ihm das verdenken, wenn historische Gründe einen dazu zwangen, mit der eigenen Vergangenheit zu brechen? Hatte er sich selber und dem deutschen Volk nicht bewiesen, daß er über juristischen und rechtlichen Konventionen stand und sein Regime nur auf der Moral der Natur aufbaute? Röhm war schwach und mußte fallen.

O ja, die Schwäche und die Stärke! Er selber war nie schwach gewesen, nicht einmal als er viele Jahre lang über Frieden redete und noch 41 den Engländern zum letztenmal die Hand gereicht hatte. Als Kanzler hatte er von 33 bis 38 über Frieden geredet, während er gemeinsam mit Göring das Heer aufbaute, er hatte sich sogar gezwungen gefühlt, mit Mussolinis Vermittlung Chamberlain in München die Hand zu reichen; zugleich hatte er Mussolini versichert, daß es auf Dauer erforderlich wäre, gegen Frankreich und England ins Feld zu ziehen. Doch als er auf diese Weise bekommen hatte, was er wollte, und nachdem er in einer Rede im Sportpalast in Berlin der Welt versichert hatte, mit dem Sudentenland hätte er keine Gebietsansprüche in Europa mehr, gab er der smokingbekleideten Presse und Goebbels nach der Reichskristallnacht eine notwendige Kursänderung in bezug auf die breite Masse des Volkes bekannt.

Er erinnert sich an die bleichen, halb



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